Ich fand das nämlich ziemlich fies: In Pirna gibt´s ein verbotenes Buch, das Kinder nicht lesen dürfen! Alle Erwachsenen kennen es. Die reden da auch ständig drüber. Aber dabei tun sie immer ganz geheim – als ob sie nicht wissen, wie das Buch richtig heißt oder wer es geschrieben hat. Alle nennen es immer nur die „Stadtgeschichte“. Das muss ein sehr dickes und spannendes Buch sein, denn ich hab gehört, dass da alles drin steht über Pirna und über alle, die hier mal gelebt haben – sogar über ganz früher, wo hier noch gar keiner war außer Drachen und Dinos. Und weil alle so ein großes Geheimnis daraus machen, ist bestimmt auch was Super-Geheimes drin.
Vielleicht eine Schatzkarte fürs Schloss. Oder die alten Schulzeugnisse von meinen Lehrern. Ich muss das rauskriegen. Und zwar fix!
Bücher gibt´s in der Stadtbibliothek. Und nachts, wenn alle schlafen, merkt keiner, wenn ich da mal reinschleiche und nachschaue. Bloß diese Sache mit dem Gespenst ist so´n bisschen doof… Weeiiil, naja, das spukt da nämlich rum – sagen die Erwachsenen. Ich find das zwar ganz schön verdächtig. Was sucht ein Gespenst in unserer Bibliothek, zwischen zigtausend Büchern?! Vielleicht Gespenstergeschichten? Das sagen die bestimmt nur zur Abschreckung. Damit sich kein Kind traut, da heimlich nach Büchern zu suchen, die nur für Erwachsene sind! Trotzdem, bisschen mulmig ist mir schon…
Ich kenn die Geschichte so: Das Haus, wo unsere Stadtbibliothek drin ist, hat vor langer, langer Zeit einem reichen Mann gehört. Der hatte viel Gold und eine Magd, und die Magd muss ihm den Tisch decken und sein Essen bringen. Vielleicht gab´s bei denen immer Eierkuchen mit Himbeermarmelade oder Würstchen mit Kartoffelsalat – jedenfalls findet es die Magd super lecker und fängt in der Küche heimlich an zu naschen. Das macht sie immer öfter und bald andauernd, bis sie eines Tages dabei erwischt wird. Der reiche Mann tickt deswegen megamäßig aus und sperrt sie zur Strafe im Gewölbe unter der Treppe ein. Aber nicht bloß für so lange, bis er seinen Teller aufgegessen hat – näääh, sondern für immer und ewig! Er hat sogar noch eine dicke Mauer um die Magd herumgebaut, sodass sie da nun in der Wand feststeckt – Und immer, wenn Mitternacht ist, fängt sie an zu rufen und will raus. Die von der Bibliothek stellen ihr manchmal sogar Süßigkeiten auf die Treppe, damit sie aufhört.
Gut, ich bin da aber trotzdem rein – nachts und heimlich. Sonst merken ja alle, was ich suche! Alles ist dunkel, keiner ist da, und im ganzen Haus ist kein Mucks zu hören. Ich mach die Stirnlampe an und schleiche mich sachte und leise die Treppe hoch bis zum Dach. Da oben ist alles voller Bücher. Regale ohne Ende! In einer Reihe finde ich wirklich so ein großes altes Buch, das ganz schön geheim aussieht! Damit setze ich mich in die Ecke und blättere ein bisschen drin rum.
Bis ich merke: Die Regale sehen im Dunkeln irgendwie ganz anders aus. Gar nicht so bunt und lustig wie sonst, eher voll finster… Manche Bücher können sogar richtig böse gucken. Gruselig! Und die Wände erst, ich sag Dir… Und dann knarrt unten plötzlich die Treppe… Ich die Luft angehalten, bis ich beinahe erstickt wäre – und dann das Buch zack! zurück ins Regal gepfeffert und nix wie weg! So spannend find ich diese geheime „Stadtgeschichte“ eigentlich doch nicht! Ist eh nur Erwachsenenkram. Und wenn ich das nächste Mal wieder nachts in die Bibliothek gehe, dann lieber mit anderen Kindern zusammen. Das geht, hab ich gelesen. Und macht sicher mehr Spaß! Guck mal hier >>>