Also wenn ICH sowas mache, krieg ich ´n Anpfiff! Wie neulich in Kunst. Wir sollten unsere Hand malen – nicht bloß so babymäßig mit fünf Strichen, sondern richtig wie sie eben aussieht. Hab ich auch gemacht: so mit Bleistift um jeden einzelnen Finger drumrum. Ist super-schön geworden, ganz ohne Verwackeln. Aber meine Lehrerin fand´s voll doof. Naja – war halt aufm Tisch und nicht aufm Blatt.

Was René Donath neulich gemalt hat, ist aber noch viiiiiel viel größer als meine Hand. Oder seine. Oder als er oder ich im Ganzen! Und der hat das nicht nur so mit Bleistift gemacht, sondern mit ner Sprühdose. In bunt. Und an der Wand. Und alle finden´s trotzdem mega-toll! Sogar mein Bürgermeister. Traut sich bloß keiner mit dem zu meckern, dachte ich erst. Und dass alle Schiss vor ihm haben – weil er ein Gangsta ist oder sowas! War aber nicht so. Der durfte da wirklich alles Mögliche auf die Wand malen. Und alle haben sich echt drüber gefreut!

Also, nochmal ganz von vorne… René Donath ist nicht mein Banknachbar in Kunst, sondern ein Graffiti-Sprayer aus Pirna. Und das Bild, was er gemalt hat, ist nicht in meiner Schule, sondern bei uns am Bahnhof, gleich neben dem Döner-Laden. Das ist 19 Meter breit und über zwei Meter hoch – voll krass! Und da ist der ganze Pirnaer Markt drauf zu sehen. Ein anderer Maler hatte das auch schon mal so ähnlich probiert: Der hieß Canaletto, aber das ist schon ganz lange her. Und war nicht halb so groß!

Eigentlich wollte ich am Rathaus noch paar Piratenflaggen in die Fenster malen. Aber der René hat mich nicht gelassen… 🙁

Der René macht das voll profimäßig – der ist ´n echter Künstler. Also eigentlich eher nicht so der Gangsta… Ich dachte das halt nur zuerst: Na, wenn er doch aber so aussieht wie einer?! So mit Basecap und Räuberbart und voll mit Kapuzenanorak und so… Und Wände ansprüht? Und vor allem: Wie geht sowas überhaupt!??? DAS wollte ich natürlich alles rauskriegen! Das war auch gar nicht gefährlich, sondern voll cool. Ohne Gangstajagd… Der René ist nämlich echt nett. Und sprühen tut er nur da, wo er auch darf. Und weil ich ihn gefragt hab, durfte ich auch mal!! Zusammen mit ihm.

Hammer! Aber auf was man da alles aufpassen muss! Dass kein Wind ist, damit die Farbe nicht durch die Gegend nebelt. Und dass es nicht zu nass ist draußen, weil sie sonst nicht richtig trocken wird, sondern weiß – wie verschimmelt. Und es gibt fünfzigtausend Farben und mindestens eine Million Düsen zum Sprühen: zum Vormalen und Ausmalen, für Flächen und Umrisse. Und Umrisse heißen nicht einfach nur Umrisse, sondern Outlines. Und Übergänge heißen Fadings. Aaaalter…!! Da brauchste beim Malen echt ´n Wörterbuch! Logisch, dass es neun Wochen gedauert hat, bis das Pirna-Bild fertig war!

Bei den Blumen und den Bäumen durfte ich bisschen helfen. Sieht richtig cool aus, nääää?!!!

In Pirna gibt´s noch andere tolle Graffitis von meinem neuen Freund: Zum Beispiel an der Goetheschule. Und in Copitz an der Jugendherberge. Oder im Garagenkomplex aufm Sonnenstein. Aber am Coolsten find ich, dass er auch Workshops für Kids macht, an den Schulen. Wenn er malt, heißt er übrigens nicht René sondern Eok – wie die Ewoks in Star Wars, bloß ohne W. So schreibt er das auch unter seine Bilder. So´n Kürzel nennt man „Tag“. Warum, weiß ich nicht… Ist halt doch bisschen gangstamäßig. Ich glaub, wenn ich mal von Beruf Wände-Sprüherin werde, heiß ich trotzdem weiter Pine. Find ich cool genug…