Möchte mal wissen, was alte Leute immer für ein Problem mit der Zeit haben! Ständig beklagen die sich, dass die Zeit zu schnell vergeht. Dass man sie nicht anhalten oder zurückdrehen kann. Voll der Quatsch! Zeit „vergeht“ überhaupt nicht. Jeder Tag hat 24 Stunden, jedes Jahr geht bis zum 31. Dezember. Also ist für morgen und nächstes Jahr auch genauso viel Zeit da wie für heute und dieses…

Anhalten kann man Zeit außerdem auch! Zum Beispiel auf einem Foto. Weil alles auf dem Bild genau da stehen bleibt, wo es in dem Moment ist, wenn Du den Auslöser drückst: die Zeiger der Rathausuhr, die Wolken, die Leute, einfach alles. Oder hast Du mal gesehen, dass sich Uhrzeiger, Wolken oder Leute auf Bildern… so Hokuspokus… weiterbewegen? In Hogwarts vielleicht. Aber das ist ne Ausnahme…

Fotos sind wie so´ne Tiefkühlpizza… Alles, was drauf ist, bleibt auch drauf und vergammelt nicht! Guck Dir mal das Foto in diesem Post an! Kommt Dir die Stadt bekannt vor? Klar. Aber ich wette, Du kennst sie trotzdem nicht! Weil das Bild schon gemacht wurde, lange bevor Du aus´m Ei geschlüpft bist! Vor einhundertsiebzig Jahren!!! – Tadaaah, ICH präsentiere: DAS ERSTE FOTO VON PIRNA ever! Ein älteres gibt´s nicht, sagt unser Museumschef René Misterek. Unser Stadtmuseum hat nämlich für solche Sachen ein Depot, so ne Art Lagerhaus für Dinge, die nicht jedem gezeigt werden. Weil sie zu alt oder teuer oder bloß vergessen oder was weiß ich sind… Jedenfalls: Da ist das Bild in einem geheimen Buch versteckt. Und das Buch in einem geheimen Schrank. Und der Schrank in einer geheimen Kammer.

Ich wette, Du dachtest, ich hab´s heute geknipst…Willste wissen, von wem es wirklich ist: Dafür müssen wir die Zeit jetzt 170 Jahre zurückdrehen! Am 4. Oktober 1853 baut ein Mann spätnachmittags am Elbufer in Copitz nen Fotoapparat auf. Echt, er BAUT ihn auf… Die Apparate sind damals nämlich so fett und schwer wie Fernseher! Der Mann heißt Hermann Krone und ist zu seiner Zeit einer der besten Fotografen der Welt. Irgendwann steht die Kamera endlich. Das Licht ist perfekt. Die Stadt sowieso. Also drückt der Meister den Auslöser. Und jetzt guck, was ihm da passiert ist, rechts unten auf dem Foto: ein krasser Fehler! Zwei komische weiße Dinger, total verwackelt. Das sollen Gänse sein… Sagt Herr Misterek vom Stadtmuseum… Also echt, DAS hätte ich mit´m Handy besser hingekriegt, aber sowas von!

Das sollen Gänse sein?! Sieht aus wie Popcorn.

Tja, Pech für Herrn Krone! Damals gab´s noch keine Handys. Die hatten solche Dings… Plattenkameras. Die hießen so, weil das Bild da nicht auf ner SD-Karte gespeichert wurde, sondern auf ner kellerfenstergroßen Glasplatte. Das ging ungefähr so: Du nimmst so ne Scheibe und tunkst sie in lauter giftiges Chemiezeugs, damit sie lichtempfindlich wird und ein Bild drauf entsteht. Das muss aber vorm Knipsen passieren – und außerdem im Dunkeln! – weshalb Herr Krone auch noch überall ein schwarzes Zelt mit hingeschleppt hat… Jedenfalls: Alles war übelst kompliziert und hat Stunden gedauert!

Für sowas haben Gänse natürlich keine Geduld! Da kriegen die voll Langeweile – und irgendwann haben sie die Faxen dicke und rennen weg. Und dann ist das Bild halt verwackelt… Siehste: Von wegen, die Zeit vergeht zu schnell. Wenn Du drauf wartest, dass sie vergeht, fängt die erst recht zu bummeln an. Und Du suchst Dir nach spätestens fünf Minuten was Lustigeres, genau wie die Gänse… Das Foto ist der Beweis!

 

Wo heute der Fähranleger ist, hat Hermann Krone vor 170 Jahren sein Bild gemacht.